Von einer Sperrung des Kontos durch Amazon betroffene Onlinehändler können mithilfe eines Rechtsanwalts in Deutschland und durch eine neue Klageart in Luxemburg nun die Vorteile des Eilverfahrens mit den Wirkungen eines Urteils in der Sache kombinieren und profitieren von Erleichterungen im Verfahren und einer kurzen Verfahrensdauer.
Amazon sperrt zunächst und prüft erst später. Eine Sperrung des Amazon-Kontos geschah in der Vergangenheit oft ohne Vorwarnung und Amazon verlangt von Händlern den Nachweis, dass die gegen sie gerichteten Vorwürfe falsch sind.
Dabei sind die möglichen Gründe für eine Kontosperrung durch Amazon zahlreich. So können Kontosperrungen aus verschiedensten Gründen erfolgen, wie zum Beispiel:
Teilweise ist es mangels genauer Angaben für den Seller jedoch schwer die gegen ihn gerichteten Vorwürfe nachzuvollziehen. Manchmal kommt es auch zum Einfrieren des Guthabens auf dem Amazon Payments Konto.
In vielen Fällen erhält der Händler lediglich vorformulierte pauschale Antworten, die nicht zur Problemlösung beitragen oder überhaupt keine Antwort oder Begründung warum der Amazon Seller Account gesperrt wurde.
Ist das Amazon-Konto gesperrt, steht es dem betroffenen Onlinehändler grundsätzlich frei, ob er das interne Prüfungsverfahren von Amazon durchlaufen oder ob er, bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen, direkt eine Klage gegen Amazon erheben möchte.
Liegen diese vor, ist das Durchlaufen oder der Abschluss des internen Prüfungsverfahrens keine Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Klage.
Internes Prüfungsverfahren von Amazon bei Kontosperrung
Wie genau die Vorwürfe durch Amazon geprüft wurden und was die Entscheidung von Amazon motiviert hat, bleibt dem Verkäufer oft vollständig verschlossen, da Amazon sich meist durch formularmäßige E-Mails auf Unternehmensinterna beruft und ihm über die Prüfungsmethoden regelmäßig keine Auskunft erteilt.
Um darlegen zu können, dass die Kontosperrung zu Unrecht erfolgte, sind die Verkäufer im Regelfall also zunächst auf die Hilfe Amazons angewiesen, erhalten jedoch in vielen Fällen lediglich formularmäßige Antworten ohne Angaben zur Sache, werden vertröstet und müssen sich mit Aufschüben und teilweise widersprüchlichen Angaben auseinandersetzen. Besonders problematisch ist hierbei der teilautomatisierte Bearbeitungsprozess, der in den meisten Fällen eine sachgerechte Entscheidung nicht ermöglicht. Viele Händler fühlen sich durch die Sperrung und langwierige interne Prüfungen zu Unrecht behandelt, bedeutet doch ein Ausschluss von der Handelsplattform eine empfindliche – und manchmal vollständige – Umsatzeinbuße. Umso schwieriger ist es für einen betroffenen Händler, wenn für die Bearbeitung seines Falls Tage, Wochen oder sogar Monate vergehen und dann das Ergebnis auch noch negativ ist und ohne richtige Begründung ergeht.
Daher ist Onlinehändlern anzuraten sich, bei einer unfairen Amazon-Kontosperre, nicht von Amazon hinhalten zu lassen.
Rechtsschutz und anwaltliche Hilfe bei Amazon-Kontosperrung
Das Vertragsverhältnis zwischen dem Onlinehändler und der Amazon Services Europe S.à r.l. unterliegt durch eine Rechtswahlklausel im Amazon Services Europe Business Solutions Vertrag grundsätzlich dem luxemburgischen Recht und dem luxemburgischen Gerichtsstand.
Gerichtsstandsklausel im Amazon Services Europe Business Solutions Vertrag
Nach einem Missbrauchsverfahren durch das Bundeskartellamt hat Amazon zahlreiche Klauseln im Amazon Business Solutions Vertrag und dem Amazon Payments Agreement für Europa geändert und unter anderem die darin enthaltene Gerichtsstandklausel gelockert, so dass diese nicht mehr ausschließlich ist. Das Bundeskartellamt sah darin in seiner Stellungnahme von Juli 2019 einen Nachteil für die betroffenen Händler, da das (zusätzliche) Beauftragen luxemburgischer Anwälte, sowie die Bereitstellung von Übersetzungen für diese zusätzliche Kosten verursache.
Daher besteht nun die Möglichkeit Amazon auch außerhalb von Luxemburg zu verklagen, sofern nach den allgemeinen Regeln eine Zuständigkeit inländischer Gerichte begründet ist. Entsprechend der anzuwendenden EuGVVO (sog. „Brüssel-1a-Verordnung“) die für die internationale Zuständigkeit von Gerichten maßgeblich ist, wären aus vertragsrechtlicher Sicht dennoch die luxemburgischen Gerichte zuständig, da die Amazon Services Europe S.à r.l. ihre Dienstleistungen von ihrem Sitz in Luxemburg aus erbringt, sind die dortigen Gerichte für vertragliche Ansprüche zuständig (so z.B. LG München I, 30.09.2021 - 37 O 9343/21).
Etwas anderes kann gelten, wenn das Verfahren gegen Amazon mit der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen begründet wird. Hierbei muss jedoch berücksichtigt werden, dass in diesen wettbewerbsrechtlichen Verfahren die Streitwerte nicht selten sechsstellig sind und das von der klagenden Partei zu tragende Prozesskostenrisiko regelmäßig im fünfstelligen Bereich liegt.
Anwendbares Recht laut Amazon Services Europe Business Solutions Vertrag
Klage gegen Amazon in Deutschland nach luxemburgischem Recht
Hohes Prozesskostenrisiko bei wettbewerbsrechtlichen Klagen
Wenn es um Ansprüche aus dem Amazon-Vertrag geht, ist insbesondere zu berücksichtigen, dass dieser sehr umfangreich ist und einen entsprechend hohen Anteil an geregelter Materie enthält. Ebenso wie die oft mangelnde Transparenz bei den Gründen einer Kontosperrung und den internen Prüfungsabläufen bei Amazon, trägt die Komplexität und der Umfang der vertraglichen Materie sicherlich zur Bearbeitungsdauer im Verfahren bei.
Dieses Problem hat der EU-Gesetzgeber erkannt und mit der Verordnung (EU) 2019/1150 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten, die sog. Platform-to-Business-Verordnung oder kurz „P2B-VO“, einen Katalog von Rechtshilfemöglichkeiten erschaffen, die die Fairness und Transparenz zugunsten der Nutzer der Online-Plattformen, einschließlich der Onlinehändler, erhöhen soll.
Während Deutschland die in der P2B-VO enthaltenen Regeln als Marktverhaltensregeln eingestuft hat und damit die bestehenden Rechtswege beschritten werden müssen, hat Luxemburg zur Implementierung der P2B-VO einen eigenen Rechtsrahmen geschaffen, der Onlinehändler zusätzlichen Schutz gewährt:
Das Gesetz vom 05.03.2021 zur Förderung der Fairness und Transparenz zugunsten der Unternehmen die Online-Vermittlungsdienste verwenden (Loi du 5 mars 2021 relative à certaines modalités de mise en oeuvre du règlement (UE) n° 2019/1150 du Parlement européen et du Conseil du 20 juin 2019 promouvant l’équité et la transparence pour les entreprises utilisatrices de services d’intermédiation en ligne promouvant l’équité et la transparence pour les entreprises utilisatrices de services d’intermédiation en ligne). Wir bezeichnen dieses Gesetz nachfolgend als das „luxemburgische P2B-Gesetz“
Artikel 4 des luxemburgischen P2B-Gesetzes enthält die Rechtsgrundlage für eine spezielle Unterlassungsklage (action en cessation), die der Verteidigung gegen unfaire Maßnahmen von Online-Vermittlungsdiensten dient.
Wenn ein Online-Vermittlungsdienstanbieter beschließt, die Bereitstellung seiner Dienste für einen Händler zu beschränken oder auszusetzen, muss er die Gründe für diese Entscheidung spätestens zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Entscheidung mitteilen. Im Falle einer Kündigung der Dienste müssen die Gründe (außer in Ausnahmefällen) mindestens 30 Tage vor dem Wirksamwerden der Kündigung mitgeteilt werden.
Einer der Hauptvorteile der Unterlassungsklage ist, dass nicht der zu Unrecht ausgeschlossene Onlinehändler darlegen muss, dass er alles richtig gemacht hat (und bei mangelhafter Kommunikation durch Amazon im Endeffekt die Gründe für seine Sperrung selber erraten muss), sondern der Plattformbetreiber Amazon nachweisen muss, dass er die jeweilige Sperrung unter Mitteilung einer dem luxemburgischen P2B-Gesetz entsprechenden Begründung durchgeführt hat.
Nachfolgend erhalten Sie eine Übersicht über die Voraussetzungen und Rechtsschutz-Möglichkeiten in Luxemburg.
Zuständiges Gericht und Verfahrenstyp bei Klage gegen Amazon in Luxemburg
Für Klagen gegen Amazon in Luxemburg bei Kontosperrungen ist der Präsident des Bezirksgerichts Luxemburg (tribunal d’arrondissement) zuständig.
Die Unterlassungsklage wird nach dem Verfahren vor dem Gericht für einstweilige Verfügungen gemäß den Artikeln 932 bis 940 der Neuen Zivilprozessordnung (Nouveau code de procédure civile) erhoben. Der vorsitzende Richter der Kammer des Bezirksgerichts, die in Handelssachen tagt, entscheidet als Tatrichter (juge du fond), das heißt er erkennt sowohl über die dem Rechtsstreit zugrunde zu legenden Tatsachen, wie auch über die Rechtsfragen.
Das luxemburgische P2B-Gesetz sieht also gegen eine Kontosperrung standardmäßig den Eilrechtsweg vor, um den Onlinehändlern schnellstmöglichen Schutz zu bieten. Dieses Klageverfahren ist für betroffene Onlinehändler ein Novum.
Befugnis vor dem luxemburgischen Gericht zur Klage gegen Amazon
Das luxemburgische Gericht urteilt im Eilverfahren in der Sache
Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen und mittelständische Marktteilnehmer bietet das luxemburgische P2B-Gesetz also klare Vorgaben, wann und wie sie sich rechtlich gegen unangemessene Maßnahmen durch Onlineplattformen, wie Amazon, verteidigen können.
Dem Gesetzgeber war hierbei ganz genau bewusst, dass die Handlungsmöglichkeiten kleiner und mittlerer Unternehmer oft beschränkt sind, da sie nicht über die finanziellen und zeitlichen Kapazitäten verfügen, um sich gegen einseitige Entscheidungen der Anbieter zu wehren, insbesondere vor dem Hintergrund des schieren Umfangs an – teilweisen unklaren – vertraglichen Regelungen durch die Betreiber der Handelsplattformen.
Anwalt bei Klagen gegen Amazon bei Kontosperrung
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Frankfurt | Luxembourg
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